Nach aDRT: Einschneidende Maßnahmen nötig


13 February 2023

Rugby-Verband Nordrhein-Westfalen e.V.

Erstellt von Rugby Deutschland

Am vergangenen Wochenende wurde in Heidelberg nicht nur Rugby-Sport geboten. Zudem hatte das Präsidium von Rugby Deutschland zu einem außerordentlichen Deutschen Rugby-Tag (aDRT) mit Dringlichkeit eingeladen. Hauptgrund war die Tatsache, dass der europäische Rugby-Verband die Verantwortlichen bei Rugby Deutschland dazu aufgefordert hatte, eine bindende Teilnahmeerklärung für die U18-, U20- und Männernationalmannschaft in den europäischen Wettbewerben zu unterzeichnen.
 
Da es abzusehen war, dass es aufgrund der inflationsbedingten Kostensteigerungen nicht möglich sein würde, die nicht bundesgeförderten Maßnahmen in gleichem Umfang wie 2022 durchzuführen, hatte das Präsidium entschieden, vor der Unterzeichnung der Teilnahmeerklärung einen aDRT einzuberufen. Zudem wollte man bei seinen Mitgliedern ein Stimmungsbild abfragen, welche Maßnahmen angesichts der drohenden Unterfinanzierung aus Sicht der Mitgliederversammlung prioritär durchzuführen sind. Und außerdem sollte eruiert werden, ob die Vereine und Landesverbände in ihren Organisationen noch Spielräume sehen, um dem Dachverband für die unterfinanzierten Maßnahmen insbesondere der 15-er Nationalmannschaften (Männer, Frauen und Jugend), aber auch für die Bereiche Ausbildung, Schiedsrichter und Ausbreitung Gelder zur Verfügung zu stellen.
 
Die bei der Sitzung in Heidelberg anwesenden Vereine haben allerdings nachdrücklich und glaubhaft vermittelt, dass sie sich mehrheitlich nicht in der Lage sehen, die Verbandsführung bei der gewünschten Priorisierung mit dem geforderten Meinungsbild zu unterstützen. Zudem wurde deutlich, dass auch die Vereinsfinanzen von den Krisen der letzten beiden Jahre so strapaziert sind, dass keiner der vom Präsidium gestellten Anträge, wie etwa der zur Erhöhung der Bundesligalizenz- und -passgebühren oder zu einer Aufhebung der Subvention der Landesverbände durch eine anteilige Auszahlung der Passgebühren an die Landesverbände, die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erreichen konnte.
 
Noch in der Versammlung und vor der Abstimmung zu den Anträgen hatten die Vertreter:innen der Rugby Deutschland Frauen, Karen Weikardt und Benedikt Kischka, mitgeteilt, dass die Deutschen Rugby-Frauen in ihrer Arbeitstagung entschieden hatten, aufgrund der prekären finanziellen Situation nach Abschluss der aktuellen Saison auf eine Frauen-15er-Nationalmannschaft in der Rugby Europe Trophy verzichten zu wollen, zumal die Anzahl von vier Saisonspielen auf diesem Niveau gemäß der Schilderung der anwesenden Vorsitzenden des Frauenausschusses ohnehin eine zu hohe Belastung darstellte. 
 
Wie angekündigt, hatte sich das Präsidium am auf den aDRT folgenden Sonntagmorgen, noch vor dem Länderspiel der Schwarzen Adler gegen Spanien, zu einer Präsidiumssitzung versammelt. Auf der Basis des Votums der Vereine auf dem aDRT wurde auf dieser Sitzung ein Maßnahmenpaket verabschiedet, auf welchem der noch zu verabschiedende Nothaushalt für 2023 basieren wird: 
 
- Keine Meldung der 15-er-Nationalmannschaft (mU18) zur Rugby Europe Championship 2023
- Keine Meldung der 15-er-Nationalmannschaft (mU20) zur Rugby Europe Championship 2023
- Keine Meldung der 15-er-Nationalmannschaft Frauen zur Rugby Europe Trophy 2023/2024
- Keine Meldung der 7-er-Frauennationalmannschaft (wU18) zur Rugby Europe Trophy 2023
- Einstellung der verbandsfinanzierten Get-into-Rugby-Aktivitäten
- Reduzierung der Haushaltsansätze für die Bereiche Verwaltung, Ausbildung, Schiedsrichter und Jugend
 
Zudem erging ein Grundsatzbeschluss, dass Sitzungen der Unterorganisationen (Frauen, Jugend, Schiedsrichter, Bundesligaausschuss) künftig kostenneutral für den Verband abzuhalten sind. (z.B. digital oder finanziert über Selbstbeteiligungen der Teilnehmenden).
 
Ergänzend dazu sei gesagt, dass die Aktivitäten der genannten U18- und U20-Nationalmannschaften nicht vollständig eingestellt werden. Es wird aber auf ein Cross-Border-Format mit ein, bis zwei Lehrgängen pro Saison und, soweit möglich, einem Heimländerspiel gegen eine Gastmannschaft umgestiegen werden müssen. Inwiefern sich dies auf das weitere Mitwirken der 15-er-Männernationalmannschaft in der Rugby Europe Championship auswirken wird, wird gemeinsam mit dem europäischen Rugby-Verband herausgearbeitet. Diesbezüglich hat die Verbandsführung bereits den Kontakt zum europäischen Dachverband gesucht.
 
Ferner hat die Verbandsführung entschieden, sich im Leistungssportbereich nun, insbesondere mit dem bundesfinanzierten Leistungssportpersonal, noch stärker auf die olympische 7er-Variante zu konzentrieren, um hier weitere Streuverluste zu vermeiden.
Gleichzeitig wird man die Bemühungen um Sponsoren und Unterstützer noch weiter intensivieren, um auf diesem Weg die Verbandsfinanzen zu stabilisieren. Hier gilt es insbesondere, auf die Erfolge der Nationalmannschaften und die positiven Initiativen der letzten beiden Jahren aufzubauen.
 
„Wir sind uns bewusst, dass diese Maßnahmen gravierende Einschnitte bedeuten und zugleich Auswirkungen auf die mittel- und langfristige sportliche Entwicklung, vor allem im Bereich des 15er-Rugbys, haben werden“, so Rugby Deutschland Präsident Harald Hees. „Auch wir würden uns wünschen, dass es einen anderen Weg gäbe und arbeiten hart daran, Lösungen zu finden, um diese Auswirkungen abzuschwächen. Angesichts der aktuellen Situation ist das beschlossene Maßnahmenpaket allerdings alternativlos und wird von der gesamten Verbandsführung getragen.“